Der Einfluss von Demografie und Sozialstruktur auf die Kinder- und Jugendhilfe
Demografische und sozialstrukturelle Faktoren bilden den Rahmen, in dem die Kinder- und Jugendhilfe arbeitet. Ihre Aufgabe ist es neben dem Bestand an Angeboten auch den Bedarf an Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe festzustellen, um diesen ausreichend und rechtzeitig zu befriedigen (§ 80 SGB VIII). Im Bereich der Bedarfsplanung für Kindertageseinrichtungen ist die Bedeutung der Bevölkerungsentwicklung womöglich am deutlichsten. Doch auch in den anderen Leistungsbereichen der Kinder- und Jugendhilfe ist eine Beobachtung von Demografie und Sozialstruktur von besonderer Bedeutung. Eine verstärkte Zu- oder Abwanderung in eine Kommune, die Entwicklung der Kinderarmutsgefährdungsquote, Segregationsprozesse und weitere Faktoren nehmen Einfluss darauf, wie sich die Inanspruchnahme von Jugendhilfeleistungen entwickelt.
Die Einwohner*innenzahl im Saarland ist in der Bilanz von 2011 bis 2021 gesunken
Die Einwohner*innenzahl im Saarland ist von 997.855 im Jahr 2011 auf 982.348 Einwohner*innen im Jahr 2021 gesunken, was einen neuen Tiefstand im betrachteten Zeitraum darstellt. Dies entspricht einem Bevölkerungsrückgang um 15.507 Personen (minus 1,6 %). Dabei gab es seit 2011 auch zwischenzeitliche Bevölkerungs-zuwächse. Das Bevölkerungsmaximum zeigt sich im Jahr 2012 mit 1.009.506 Einwohner*innen. Die Geburtenrate liegt im Jahr 2021 bei rund 8,5 lebend Geborenen pro 1.000 Einwohner*innen und entspricht annähernd dem Vorjahreswert. Im Jahr 2021 wiesen alle sechs Jugendamtsbezirke im Saarland einen negativen Bevölkerungssaldo auf.
Rückgang der Gesamtzahl junger Menschen unter 21 Jahren bei gleichzeitigem Zuwachs der unter 9-Jährigen zwischen 2011 und 2021
Im Zeitraum von 2011 bis 2021 ist die Zahl der jungen Menschen unter 21 Jahren landesweit um 4,0 % gesunken. Bis auf ein Jugendamtsbezirk (plus 0,8 %) haben alle anderen saarländischen Jugendamts-bezirke einen Rückgang der unter 21-Jährigen zu verzeichnen (zwischen minus 3,1 % und minus 12,1 %). Werden die unter 21-Jährigen differenziert nach Alters-gruppen betrachtet, so fällt auf, dass sich hier teils erheblich unterschiedliche Entwicklungen zeigen. Die jüngsten Kinder unter 3 Jahren weisen im Zeitraum von 2011 bis 2021 saarlandweit einen deutlichen Zuwachs um 18,1 % auf. Zuwächse sind dabei in allen sechs Jugendamtsbezirken im Saarland zu beobachten. Die prozentuale Entwicklung der Altersgruppe der 3- bis unter 6-Jährigen von 2011 auf 2021 ist mit plus 17,6 % nur geringfügig niedriger als bei den unter 3-Jährigen. Die Altersgruppe der jungen Menschen im Alter von 6 bis unter 9 Jahren verzeichnet im gesamten Saarland einen Zuwachs um 6,8 %. Hingegen zeigen sich bei den Altersgruppen der 9- bis unter 21-Jährigen im Vergleich der Jahre 2011 und 2021 saarlandweit ausschließlich Rückgänge in der Einwohner*innenzahl. Die größte Abnahme ist mit rund einem Fünftel für die 18- bis unter 21-Jährigen zu berichten, wohingegen die Anzahl der 9- bis unter 12-Jährigen nur um 3,6 % gesunken ist.
Arbeitslosigkeit 15- bis unter 25-Jähriger ist im Jahr 2022 – nach einem erheblichen Anstieg im Jahr 2020 im Kontext der COVID-19-Pandemie – auf das niedrigste Niveau seit 2011 gesunken
Der Anteil junger Arbeitsloser bewegt sich im Jahr 2022 auf dem niedrigsten Niveau seit 2011 (minus 12,8 %). Von 1.000 jungen Menschen zwischen 15 bis unter 25 Jahren waren im Jahr 2022 saarlandweit 24 Personen arbeitslos gemeldet. Im Jahr 2013 zeigt sich die höchste Anzahl an jungen Arbeitslosen pro 1.000 junger Menschen in dieser Altersgruppe mit einem Eckwert von 35,9. Anschließend sank dieser bis zu einem Minimum von 26,8 im Jahr 2018. Im durch die COVID-19-Pandemie geprägten Jahr 2020 liegt der Eckwert junge Arbeitslose bei rund 35 und ist damit im Vergleich zum Vorjahr erheblich angestiegen (plus 22,2 %). Anschließend ist die bevölkerungsrelativierte Anzahl junger Arbeitsloser von 2020 auf 2021 wieder deutlich auf rund 18 junge Arbeitslose pro 1.000 15- bis unter 25-Jährige gesunken (minus 18,8 %). Im Jahr 2022 setzt sich dieser Rückgang fort. Der soeben beschriebene Eckwert der jungen Arbeitslosen zwischen 15 bis und unter 25 Jahren fällt innerhalb der einzelnen Jugendamtsbezirke teils sehr unterschiedlich aus. Die Spannbreite der Eckwerte reicht im Jahr 2022 von rund 10 in einem Bezirk bis hin zu rund 40 in einem anderen Jugendamtsbezirk.
Alle Kommunen sind von Kinderarmut betroffen, wenn auch unterschiedlich stark
In allen saarländischen Kommunen leben Kinder in Armut oder sind von ihr bedroht. Langfristig zeigt sich im Saarland von 2011 auf 2022 in der Bilanz ein Anstieg des Anteils unter 15-Jähriger im Sozialgeldbezug (plus 6,1 %). Der Höchststand ist für das Jahr 2017 mit rund einem Fünftel von Kinderarmut betroffener unter 15-Jähriger zu berichten. Der Anteil unter 15-Jähriger, welcher Sozialgelder erhält, stagniert im Saarland in den Jahren 2021 und 2022 bei rund 17 %. Saarlandweit sind es im Jahr 2022 damit rund 174 von 1.000 unter 15-Jährigen, die Sozialgeld gem. SGB II beziehen. Diese Kinder leben häufiger im Regionalverband Saarbrücken als in den saarländischen Landkreisen. Im Regionalverband Saarbrücken sind rund 26 % der Kinder von Armut betroffen. In den Landkreisen (ohne RVS) ist ihr Anteil mit rund 13 % deutlich niedriger. Es zeigen sich zusätzlich innerhalb der Gruppe der Landkreise deutliche Differenzen. So reicht die Anzahl der unter 15-Jährigen mit Sozialgeld-Bezug in den Landkreisen (ohne RVS) von 9,1 % im Landkreis St. Wendel bis 20,8 % im Landkreis Neunkirchen. Kinderarmut ist ein Phänomen, das jede Kommune im Saarland betrifft und manche in besonderem Maße.